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Blood Drive 2 für Savage Worlds/Deadlands Reloaded bildet die Fortsetzung der mit Blood Drive 1 – Bad Times on the Goodnight (Klick) begonnenen Kampagne rund um einen Viehtrieb quer durch den unheimlichen Westen. Der erste Teil der Geschichte begann mit einem jener harmlosen Aufträge in einem kleinen Kaff in Südwest-Texas und endete nach zahlreichen Herausforderungen für die Überlebenden bei Denver. Während des Grundkurses „Cowboytum für Dummies“ säumten bereits etliche Schurken und Komplikationen den steinigen Weg – in den Folgebänden wird das nicht anders sein.
Erscheinungsbild
Das PDF umfasst 37 Seiten mit dem gewohnten farbig-stimmungsvollen Seitenhintergrund, großer, gut lesbarer Schrift und angemessenen, aber nicht beeindruckenden Illustrationen. Das 6.5″ x 9″ Format sorgt für eine vergleichsweise geringe Textdichte, aber auf Bildschirmen, Tablets o. ä. für bequeme Lesbarkeit.
Inhalt
Nachdem sich die Helden in Blood Drive 1 ihre ersten Sporen verdient haben, können sie in Blood Drive 2 – High Plains Drovers den Treck von Denver aus weiter nach Wyoming begleiten. Die nur lose Verbindung mit dem ersten Teil ermöglicht es, Blood Drive 2 ohne besondere Mühe auch separat zu spielen. Im wesentlichen besteht die Geschichte diesmal aus drei Segmenten mit innerem Zusammenhalt, die die Helden mit Ausläufern des Eisenbahnkriegs, Indianern und unheimlichen Phänomenen in den Sioux Nations sowie dem Grauen des Krieges konfrontieren.
Leider reiht das Abenteuer über weite Strecken wieder geradlinig Begegnungen aneinander und lässt den Helden keinerlei Möglichkeiten, den programmierten Ablauf zu beeinflussen. Probleme, die sich durch Abwarten und Würfeln nicht lösen lassen, stellen sich zunächst kaum. Die rahmengebende Hintergrundgeschichte bleibt papierdünn und besteht aus gerade hinreichender Motivation für die mäßig konturierten Antagonisten der Segmente, aus dem Gebüsch auf die Füße der Helden zu springen. Das Wieder-auftauchen eines bemerkenswert identitätslosen Schurken aus dem ersten Teil (und seine für den dritten Teil angedrohte Rückkehr) erinnern an C-Movies mit überlangem Finale, in denen der ausgereizte Bösewicht das Sterben hartnäckig verweigert. Half der Western-Charme dem ersten Teil noch über solche Hürden hinweg, dürfte die monotone Struktur allmählich die Geduld einer Spielrunde strapazieren - es sei denn, man hat das sadomasochistische Bedürfnis, am Nasenring durch eine Manege von Situationen zu zerren und/oder gezerrt zu werden. Bereits die Lektüre macht die Länge der zurückgelegten Wegstrecke fast physisch spürbar; mein Bedürfnis, wieder einen langsam-melancholischen Spät-Western zu sehen, stieg jedenfalls rasant an.
Erst spät, zum Finale des Bandes, findet das Abenteuer schließlich zum verfremdeten klassischen Western zurück – für all diejenigen jedenfalls, denen es gelungen ist, bis dahin wach zubleiben. Ohne zu viel verraten zu wollen: die Geschichte greift eine legendäre Sequenz aus einem der bekanntesten Western aller Zeiten auf, um sie im Deadlands-Universum mit dem Spiegel des unheimlichen Westens zu verzerren. Zugleich stellt sich den Helden damit eine echte Herausforderung, die nur mit Einfallsreichtum und planvollem Vorgehen zu bewältigen sein dürfte. Der clevere Western-Horror-Showdown entschädigt zumindest teilweise für die zähen ersten 2/3 und bietet der Spielrunde nach langer Durststrecke endlich eine interessante Aufgabe.
In Dirtwater am Bighorn River, Wyoming (nahe Yellowstone und den Sioux Nations), endet dieser Teil der Kampagne, mag also abgeschlossen oder mit dem letzten Kapitel fortgesetzt werden; die bisherigen Handlungsstränge lassen sich zu einem befriedigenden Abschluss bringen.
Preis-/Leistungsverhältnis
Nach dem Umfang sticht der Preis im Verhältnis zu den bisher veröffentlichten DLR-Abenteuern und ähnlichen Publikationen zwar nicht heraus. Die nur 113seitige Gesamtkampagne aber reißt ein .ca. $30 großes Loch in die Geldbörse, ohne dass es Geschichte und Handlungsführung gelänge, mit wirklich interessanten strukturellen oder inhaltlichen Ideen zu punkten. Zwar mag sie gerade wegen ihrer Schlichtheit einsteigerfreundlich sein, bleibt aber qualitativ deutlich hinter den großen Plot-Point-Kampagnen zurück. Da bietet die für Neulinge gedachte Mini-Plot-Point-Kampagne Coffin Rock zum Preis eines der Abenteuer deutlich mehr Inhalt und Flexibilität; das zu investierende Kapital wäre darüber hinaus in den reichhaltig ausgestatteten Bänden The Flood (192 S., $19.99) oder The Last Sons (336 S., $34.99) besser angelegt.
Fazit
Das Gefühl, an einer einsteigertauglichen Besichtigungstour durch den unheimlichen Westen teilzuhaben, erhält in Blood Drive 2 in zunehmendem Maße eine arg fade Note. Pinnacle Entertainment selbst hat in den Plot-Point-Kampagnen und anderen Abenteuern bereits gezeigt, dass es auch ganz anders und besser geht. Nicht nur erfahrene Spielrunden dürften das vorgegebene Korsett arg eng finden und/oder eine kohärente Story vermissen; auch Einsteiger sollten Rollenspiel nicht auf eine pfeilgerade, mit Würfeln kurz unterbrochene Erzählung reduzieren müssen. Erst im Finale des zweiten Teils findet sich in einem interessanten Szenario eine gelungene Kombination von klassischem Western mit einem Deadlands-Twist, die sich auch für alternative Geschichten plündern lässt.
Unsere Bewertung
Erscheinungsbild 3,5/5 Der gewohnt hohe Standard
Inhalt 2,5/5 Ein müder Ritt
Preis-/Leistungsverhältnis 2,5/5 Ist für die Gesamtkampagne schief.
Gesamt 3/5 Eine teure Kampagne mit etlichen Schwächen und besserer Konkurrenz
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