Close
Close
Browse Categories
$ to $















Dresden Files RPG: Your Story
[978-0-9771534-7-3]
$25.00
Publisher: Evil Hat Productions, LLC
pixel_trans.gif
by Roger L. [Featured Reviewer] Date Added: 11/16/2013 05:56:42

http://www.teilzeithelden.de/2013/11/-
16/rezension-dresden-files-your-story/

Bereits seit 2006 entführt Jim Butcher seine deutschen Leser mit Die dunklen Fälle des Harry Dresden in die düstere und spannende Welt des einzigen Magier-Detektivs von Chicago. Heute beschäftigen wir uns mit dem 2010 durch Evil Hat Productions herausgegebenen Rollenspiel auf FATE-Basis. Die Lektüre der Romane ist keine Voraussetzung, um mit dem Spiel Freude zu haben. Fans der Serie profitieren allerdings von tieferem Hintergrundwissen und können schon mal nicht gespoilert werden.

Die Spielwelt

Vorab gesagt: Die Welt der Dresden Files, das Dresdenverse, ist über die Romane hinweg eine unheimlich facettenreiche, vielschichtige und vor allem düstere Welt geworden. Allerdings wird sie in diesem Band nur grob umrissen. Der dazu gehörende Weltenband Dresden Files: Our World beschäftigt sich dann ausschließlich mit dem Dresdenverse-Chicago und den in den Romanen auftauchenden Charakteren und Organisationen. Für Kenner der Serie stellt der zweite Band nur eine Ergänzung dar, für alle Neu-Dresden-Evangeliker ist er aber leider ein Pflichtkauf.

Your Story enthält tatsächlich nur unbedingt notwendige Informationen, daher ist die folgende Beschreibung der Spielwelt ein Ergebnis aus der Romanserie und Our World.

Grob gesagt und in Your Story auch so vorgestellt lässt sich die Welt der Dresden Files auf einige Kernaussagen reduzieren. Die Kernaussage, die sich wie ein roter Faden durch das System zieht ist: „Monster haben ihre Natur, Menschen die Wahl“. Aber auch andere Prinzipien, wie zum Beispiel, dass Technik in der Nähe von Magiern und einigen Monstern schlicht den Geist aufgibt, rücken die Welt des Dresdenverse in ein durchaus stimmiges, aber düsteres Licht.

Das Einzige, was die zahlreichen übernatürlichen Fraktionen davon abhält, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen, ist das sogenannte Unseelie-Abkommen, eine Art Genfer Konvention der übernatürlichen Welt. Konflikte gibt es reichlich: Zwischen dem Weißen Rat, einer Organisation, die den Schutz und die Kontrolle aller menschlichen Magier für sich beansprucht, und den Vampirhöfen. Und zwischen den Rittern des Kreuzes, selbstlosen Streitern im Namen Gottes und dem Orden des geschwärzten Denarius, eine Kongregation mächtiger Dämonen.

Aber auch auf den darunter liegenden Ebenen herrscht an Auseinandersetzungen kein Mangel. Streitigkeiten zum Beispiel zwischen einzelnen Familien eines Vampirhofes sind an der Tagesordnung und sorgen für Zündstoff. Die Spieler werden in dieses Gewirr aus Intrigen, Gewalt und strikten Regeln geworfen und müssen sich darin beweisen. Die Entwicklungsmöglichkeiten sind vielfältig und neue Spieler haben in diesem Setting über Monate hinweg Neues zu entdecken.

Die Regeln

Ebenso wie Malmsturm ist auch Dresden Files für das FATE-Regelsystem entwickelt worden. FATE hat einen sehr narrativen Charakter. Das bedeutet, dass Konflikte oder Wettstreite zum Teil stark abstrahiert in den Regeln abgehandelt werden und von der lebhaften Beschreibung aller Beteiligten leben.

Um den Mitspielern dies zu erleichtern, arbeitet FATE mit Aspekten, die die Spieler- und Spielleitercharaktere, Objekte, Schauplätze und sogar das ganze Spiel beschreiben können. Sie ersetzen in diesem System die Vor- und Nachteile anderer Systeme vollumfänglich und werden im Kapitel Charaktererschaffung nochmals aufgegriffen.

Da eine komplette Beschreibung der FATE-Regeln den Umfang dieser Rezension sprengen würde, kann der Umgang mit Aspekten in der Malmsturm-Rezension nachgelesen werden. Alternativ stehen auch freie FATE-Regelwerke wie Fate2Go oder FreeFate zur Verfügung. Die meisten FATE-Derivate weichen in Details voneinander ab, Aspekte als Kernmechanik bleiben allerdings überall erhalten.

It's a kind of magic!

Das Dresden Files-Rollenspiel verfügt über ein komplexes Magie- und Kräftessystem. Typische passive Fähigkeiten wie zum Beispiel erhöhte Stärke, Widerstandsfähigkeit und Regeneration werden über klassische Regelmechanismen wie z.B. Boni auf Würfelwürfe abgehandelt. Das Magiesystem selbst ist aber sehr frei gehalten. Als Vorschlag dient das klassische „Fünf Elemente“-System, bestehend aus Feuer, Wasser, Erde, Luft und Geist – alternative Modelle sind aber ebenfalls möglich. Von diesen Elementen darf man bei der Charaktererschaffung je nach gewähltem Template eine bestimmte Anzahl auswählen, mit denen man zu Beginn hantieren darf.

Der zauberkundige Charakter hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten, seine Macht zum Ausdruck zu bringen: Anrufungen und Rituale. Während eine Anrufung ein Zauber ohne Vorbereitung, also zum Beispiel ein Feuerball, ein magischer Schild, aber auch ein spontaner Tarn- oder Aufspürzauber sein kann, handelt es sich bei Ritualen um zum Teil sehr aufwändige, sehr mächtige Zauber.

Grundsätzlich sind bei jedem Zaubervorgang zwei unterschiedliche Fähigkeiten gefragt. Die eine Fähigkeit beschreibt die Energie, die relativ gefahrlos in den Spruch kanalisiert werden kann, während die andere einen Wurf verlangt, wie gut der Zauber kontrolliert wird. Verpatzt man den Kontrollwurf, verteilt sich die angestaute Energie munter in der direkten Umgebung und ist ein Garant für spannende Situationen für den Zauberer und sein direktes Umfeld.

Darüber hinaus kann man spezielle magische Gegenstände verwenden, die dem Charakter dauerhafte oder vorübergehende Vorteile verschaffen. Während der klassische Zauberstab eher eine bestimmte Sorte Zauber dauerhaft fördern dürfte, kann ein Trank nicht nur kurzfristig deklariert werden, sondern auch ganz unterschiedliche Fähigkeiten mit sich bringen.

Charaktererschaffung

In den meisten Systemen stellt die Charaktererschaffung ein Privatvergnügen dar, das vor dem Spiel passiert. Hier setzt die große Stärke des Dresden Files-Rollenspiels an: Die Charaktererschaffung und darüber hinaus auch die Erschaffung des Settings ist bereits Teil des Spiels. Die Gruppe trifft sich, man ist sich klar darüber, welches Spiel gespielt wird, und die erste Frage ist: „In welcher Stadt wollen wir spielen?“

Das Dresden Files-Rollenspiel ist ein an der Großstadt orientiertes System, und daher stellt sie die Bühne dar. Ein hervorragender Guide führt hier Schritt für Schritt durch die Erschaffung. Die Empfehlung geht zu Städten, die die Gruppe bereits gut kennt, um schnell in die Ausarbeitung starten zu können. Als Erstes überlegt man sich grundlegende Themen und Bedrohungen, die auf diese Stadt zutreffen können. Das sind die Aspekte, die allgegenwärtig und immer verfügbar sind. Als Nächstes werden erste Schauplätze und deren Gesichter, ikonische Spielleitercharaktere, die für diesen Schauplatz stehen, bestimmt. Hat man ein erstes Gerüst an Orten und Spielleitercharakteren erstellt, folgt die Gruppe.

Gemeinsam erarbeitet man die einzelnen Charaktere, inspiriert sich gegenseitig und spinnt zusammen die Vorgeschichte. Die Charaktererschaffung erfolgt zu Beginn sehr klassisch: Im ersten Schritt erstellt man das Konzept und die Komplikation. Es handelt sich bei Ersterem um einen Aspekt, der das Wesen und das verwendete Template (die gewünschte Klasse) des Charakters beschreibt und bei Letzterem um einen Aspekt, der das Leben des Charakters verkompliziert. Beispiel für ein Konzept ist „Gelehrte des Weißen Rates“. Eine Komplikation wäre „Lehnt keinen Drink ab“.

Die nächsten beiden Phasen handeln von der Kindheit des Charakters und dem aufkeimenden Konflikt, der den Charakter zu dem macht, was er heute ist. Auch diese Phasen werden gemeinsam gestaltet und passende Aspekte abgeleitet.

Spannend wird es in den letzten drei Phasen: Jeder schreibt für seinen Charakter eine eigene Geschichte, in der dieser der Held ist. In den Phasen vier und fünf werden diese Geschichten herum gereicht und jeder Spieler überlegt sich, wie er in den anderen Geschichten eine Nebenrolle einnehmen könnte. Neben den Aspekten, die man dafür bekommt, wird ein narratives Band zwischen den Charakteren geknüpft, was ihnen im Vorfeld bereits Profil gibt.

Hat man seine Aspekte alle beisammen, müssen praktisch nur noch Fertigkeiten ausgewählt, Kräfte gekauft und eventuell verzauberte Gegenstände erdacht werden und schon kann das Spiel losgehen.

Für Faule gibt es übrigens bereits ein ausgearbeitetes Setting für Baltimore, das auch bereits mit in die Stadt eingebundenen Spielercharakteren daher kommt.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Aus Spielleitersicht wirft dieser Band dem Spielleiter keine Fische zu – er bringt ihm bei zu fischen. Der Erstellung der Stadt mit allen zugehörigen Spielleitercharakteren und dem daraus folgenden „Plot-Mining“, also dem Finden und Erschaffen interessanter Geschichten, wird ein großer Teil des Regelwerkes gewidmet. Ein komplettes Kapitel, wie man ein FATE-Rollenspiel am besten leitet sowie vereinfachte Erschaffungsregeln für Schlägertypen und unterstützende Charaktere lassen keine Wünsche offen.

Die Regeltexte sind mit redaktionellen Anmerkungen von Will Borden, Harry Dresden und Bob angereichert, teilweise um die recht trockenen Regeltexte aufzulockern, teilweise um sie weiter zu konkretisieren. An dieser Stelle wird auch des Öfteren auf Ereignisse in der Romanserie angespielt, weshalb Fans der Reihe hier ihre helle Freude haben dürften. Falls man mit dem Gedanken spielt, die Reihe durchzulesen, ist man ab Band 10 „Wandel“ nicht mehr von Spoilern bedroht.

Es gibt auch einige Passagen, die komplett geschwärzt wurden. Man kann in der PDF diesen Text aber markieren und herauskopieren. Ein nettes Easter Egg.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Das Angenehme an FATE ist die Art der Proben. Es wird immer mit den vier FATE-Würfeln gewürfelt und deren Ergebnis auf den fraglichen Talentwert addiert bzw. von diesem subtrahiert. Eventuell kann das Ergebnis durch den Einsatz von Aspekten noch modifiziert werden, aber der Mechanismus ist stets derselbe. Aus Regelsicht ist das Dresden-Files-Rollenspiel schnell erlernt.

Allerdings erweitert FATE den Verantwortungsbereich der Spieler deutlich. Neben seinem eigenen Charakter bestimmt man einen Teil der Spielwelt direkt mit und darf an dieser Stelle ruhig kreativ werden. Das zieht sich auch durch das gesamte Spiel; möchte ich einen Aspekt für mich einsetzen, muss ich begründen, wieso dieser Aspekt im Moment gerade gut für mich ist – eine konkrete Tätigkeitsbeschreibung die über „Ich schieß' drauf!“ hinausgeht, ist praktisch Pflicht. Gerade regellastige Runden, für die Kämpfe mehr Tabletop als Rollenspiel sind, könnten sich mit dieser Umstellung schwer tun.

Im Umkehrschluss erlaubt mir dieses abstrakte System eine unheimliche Freiheit in der Beschreibung und erlaubt eine dichtere Atmosphäre. In der Praxis sind aber gerade die ersten Runden quälend langsam, bis man mal einige nette Aspekte gefunden hat. Nach einiger Zeit ist der „verbale Werkzeugkasten“ aber gefüllt und das Spiel geht deutlich flüssiger von der Hand.

Die Stadt, in der das Spiel stattfindet, dürfte für die Spieler in der Eingewöhnung schnell von der Hand gehen, war deren Erstellung doch bereits ein Teil des Spiels. Schwieriger wird es, das Dresdenverse in seiner Gesamtheit zu erfassen. Dieses Umfeld wurde über zahlreiche Bücher langsam immer weiter aufgebaut. Für einen Neuling ist die Gefahr groß, von der schieren Masse der Informationen erschlagen zu werden. Als Spielleiter sollte man sich also – den Romanen ähnlich – zu Beginn auf einzelne Machtgruppen konzentrieren, bevor man beginnt, diese zu mischen (und die Spieler damit vollkommen zu verwirren).

Preis-/Leistungsverhältnis

Für 25 USD erhält man Inhalt satt! Neben grundlegenden Informationen zur Spielwelt, dem Spielsystem und einem kompletten Setting erhält man alles, was man zum Aufbau großer Geschichten benötigt. Dieses Gesamtpaket lässt keine Wünsche offen!

Spielbericht

In den ersten drei Sessions haben wir uns mit der Stadt- und Charaktererschaffung beschäftigt. Während zu Beginn die Teilnahme an der Stadterschaffung für alle Teilnehmer neu war, gelang das mit jedem neu entwickelten Schauplatz immer besser. Die Umstellung von der Solo-Charaktererschaffung zum Gruppenerlebnis warf einige Schwierigkeiten auf, und gerade die Suche nach spannenden und vielschichtigen Aspekten stellte in der Praxis eine große Hürde dar, die uns viel Zeit gekostet hat.

Schlussendlich sind aber tolle Charaktere dabei heraus gekommen, die mehr Profil haben, als die meisten Charaktere altbekannter Systeme jemals hatten. Diese Charaktere haben Sorgen und Probleme und vor allem Anknüpfungspunkte in ihrer Stadt, die der Spielleiter sofort zur Erstellung von Konflikten und Abenteuern heranziehen kann. Insgesamt haben diese drei Sitzungen die Lust auf das Setting deutlich gesteigert und wir freuen uns schon, wenn endlich los gespielt werden kann.

Erscheinungsbild

Dresden Files RPG CoverDer erste Eindruck des Regelwerks kann nur mit „Herausragend“ beschrieben werden. Der Band hat über 418 Seiten (inklusive Umschlag, Index und Inhaltsverzeichnis) und ist sauber gestaltet. Alle verwendeten Schriftarten sind sehr gut lesbar und gut kontrastiert. Das Artwork ist großteils den bisher erschienenen Comics entnommen und überzeugt mit klaren Linien und unverblümter Darstellung. Einige ganzseitige Grafiken, die hinter den Comics zurückbleiben, läuten neue Kapitel ein.

Sowohl das Inhaltsverzeichnis als auch der Index sind in der PDF-Version vollständig verlinkt. Sogar Verweise innerhalb der Kapitel sind mit Links hinterlegt, so dass man unheimlich schnell auf die referenzierten Informationen zurückgreifen kann. Man sollte hier nicht vergessen, ein Lesezeichen an die ursprüngliche Seite zu hängen, sonst artet der Weg zurück schnell zu einem hastigen Geblätter aus.

Bonus/Downloadcontent

Auf http://www.faterpg.de existiert ein kleiner Downloadbereich für das Dresden Files-Rollenspiel in deutscher Sprache. Neben obligatorischen Charakterbögen existieren handliche A5-Karteikarten mit Regelkurzreferenzen, die insbesondere für das doch etwas komplexere Magiesystem sehr hilfreich sind.

Auf http://www.evilhat.com findet man den offiziellen Downloadbereich auf englisch. Hier gibt es weiterführende Charakterbögen, weiterführende Artikel und sogar drei Gratis-Abenteuer zum Download.

Durch die Entwicklung von FATE Core in diesem Jahr durch Evil Hat Productions gibt es auch inoffizielle Regelhacks, um Dresden Files auch mit dem neuen FATE Core spielen zu können. Die Regeln sind insgesamt etwas verschlankt und vereinfacht worden und auch die Fähigkeitenliste wurde ausgemistet. Es existiert ein Google Drive Ordner, in dem die entsprechenden Änderungen (auf englisch) zusammengetragen wurden.

Fazit

Schon nach dem ersten Blättern war ich von diesem Spiel hin und weg. Das Dresdenverse ist unheimlich vielschichtig und bietet zahllose Möglichkeiten, diese Welt auf unterschiedliche Art zu erleben. Durch die eingängigen Anleitungen zur Charakter- und Stadterschaffung erhält man als Spielleiter die Fähigkeit, sich praktisch unbegrenzt viele spannende Geschichten zu erarbeiten. Und diese sind jedes Mal auf das gemeinsam erstellte Umfeld und die Spielercharaktere abgestimmt.

Durch die gemeinsame Entwicklung der Spielwelt werden die Spieler aus der passiven „Bespaß' mich!“-Haltung gerissen und werden zusammen mit dem Spielleiter auf den Stuhl des Regisseurs gesetzt. Das eingängige FATE-System stellt die Weichen für ein selbstbestimmtes und spannendes Spielen, das man als „alter Hase“ erst wieder einmal erlernen muss.

Einziger Wermutstropfen ist, dass es sich hierbei in erster Linie um ein Regelwerk und nicht um einen Weltenband handelt, so dass Our Story praktisch ein Pflichtkauf ist. Die Welt ist großartig, das Regelsystem akzeptabel (und durch die inoffizielle FATE Core Erweiterung sogar gut) und das Preis-/Leistungsverhältnis sucht seinesgleichen. Klare Kaufempfehlung!



Rating:
[5 of 5 Stars!]
pixel_trans.gif
pixel_trans.gif Back
You must be logged in to rate this
pixel_trans.gif
Dresden Files RPG: Your Story
Click to show product description

Add to DriveThruRPG.com Order

0 items
 Gift Certificates